In den griechischen Synaxarien wird seiner am 12. November gedacht, in den slawischen am 12.Oktober. Im lateinischen Westen aber wird sein Fest von Alters her am 11. November gefeiert, dem Tag seines Begräbnisses.
Der heilige Martin war der Sohn eines römischen Offiziers und wurde im Jahre 316 in Sabaria in Pannonien im heutigen Ungarn geboren, wo sein Vater stationiert war. Doch er wuchs er in dessen Heimatstadt Pavia in Italien auf. Obwohl seine Eltern Heiden waren, besuchte er vom Alter von 10 Jahren an die Kirche und bat um Aufnahme als Katechumene. Als er von den Heldentaten der Wüstenvater hörte, träumte er davon, Mönch zu werden, doch er musste sich dem Willen seiner Eltern fügen und wurde Soldat. Dieser Beruf hinderte ihn jedoch nicht, die christlichen Tugenden zu pflegen. Im Alter von 18 Jahren, als er in Amiens in Gallien stationiert war, begegnete er an einem kalten Wintertag am Stadttor einem Armen, der nackt war und vor Kalte zitterte. Da schnitt er mit dem Schwert seinen Mantel entzwei und gab dem Armen die eine Hälfte. In der folgenden Nacht erschien ihm Christus, mit jener Mantelhälfte bekleidet, und er hörte Ihn zu den Ihn begleitenden Engeln sagen: „Obwohl er erst Katechumene ist, hat mich Martin mit diesem Gewand bedeckt.“
Kurz nach diesem Ereignis empfing Martin die heilige Taufe. Er wollte sich aus der Armee zurückziehen und Mönch werden, doch erst lange danach, im Jahr 356, erlaubte man ihm, seinen Abschied von der kaiserlichen Garde zu nehmen. Er ging sogleich nach Poitiers, zum heiligen Hilarius, dem großen Verteidiger der Orthodoxie gegen die arianische Häresie im Westen, so wie es der heilige Athanasius im Osten war. Als der heilige Hilarius nach Phrygien verbannt wurde, besuchte Martin seine Eltern, bekehrte seine Mutter zu Christus und widmete sich in Illyrien und Italien dem Kampf gegen die Arianer, von denen er viel zu leiden hatte. Als der heilige Hilarius aus dem Exil zurück kam, schloss er sich ihm an und lies sich in einer kleinen Zelle in Liguge bei Poitiers nieder. So wurde er zu einem der Begründer des Mönchtums in Gallien. Im Jahre 371 weihte man ihn gegen seinen Willen zum Bischof von Tours. Er fuhr indessen fort, in Armut und Demut zu leben. Wie sein Biograph, Sulpicius Severus, schreibt: „Er hatte die ganze Würde eines Bischofs und bewahrte dabei die Lebensart und Tugend eines Mönches.“ Er wohnte nicht in der prunkvollen Bischofsresidenz, sondern in einer einfachen Zelle nebenan, und als er durch den wachsenden Besucherstrom zu sehr gestört wurde in seinen geistlichen Übungen, zog er sich in eine Einsiedelei zwei Meilen außerhalb der Stadt zurück. Daraus entstand später das Kloster Marmoutier. Der Bischof wohnte in einer kleinen aus Holz gezimmerten Zelle, während sich die Brüder, die zu ihm kamen, in den Höhlen des überhängenden Felsens niederließen. Rund 80 Mönche lebten hier bald in vorbildlicher christlicher Armut und Eintracht. Sie arbeiteten nur soviel, wie für ihren Unterhalt nötig war, und widmeten ihre übrige Zeit dem Gebet und der inneren Betrachtung, unter der väterlichen Anleitung des heiligen Martin. Doch bei aller Liebe zur Stille und zum Gebet war dem Heiligen seine apostolische Sendung in dem noch weitgehend heidnischen Gallien wohl bewusst. Das Evangelium war zwar in die Städte gedrungen, doch auf dem Land herrschten nach wie vor Götzenkult und Aberglaube. Als Erster gründete der heilige Martin in seiner Diözese Kirchgemeinden auf dem Land. Er durchwanderte das Land und predigte, wobei er seine Worte durch zahlreiche Wunder bekräftigte, so dass die Menschen von selbst ihre Götzenbilder zerschlugen. Wo er auch hinkam, wurden die Kranken gesund, die Toten standen auf, die Ungläubigen fanden zum Glauben, so als wäre Christus selbst in der Person des Heiligen wiederum gegenwärtig unter den Menschen. Sein Wort hatte bei den Mächtigen dieser Welt Gewicht. Dreimal begab er sich nach Trier zum Kaiser des Westens, um Fürbitte einzulegen für sein Volk. Wie Christus selbst und alle Seine Junger hatte auch der heilige Martin mancherlei Verleumdungen, Verachtung und ungerechte Anklagen zu erdulden, und wie sie trug er sie mit Langmut, ohne seine Ruhe und Liebe zu verlieren. Im Alter von 81 Jahren erkrankte er. Er legte sich auf Asche und sagte: „Es geziemt sich nicht für einen Christen, anders zu sterben als auf Asche. Gäbe ich euch ein anderes Beispiel, versündigte ich mich.“ Als der Teufel kam, um ihn ein letztes Mal zu versuchen, sagte er zu ihm: „Du wirst in mir nichts finden, das dir gehört. Abrahams Schoß erwartet mich.“ Nach diesen Worten entschlief er, und sein Antlitz strahlte wie das eines Engels. Dies geschah am 8. November 397. Der heilige Bischof wurde am 11. November in Tours bestattet, im Beisein einer riesigen Menge von Gläubigen aus der ganzen Region.
Quelle: Das Synaxarion, Die Leben der Heiligen der Orthodoxen Kirche, hrsg. vom Kloster des Hl. Johannes des Vorläufers, Chania (Kreta) 2005-2006.