Aus dem Kirchenjahr

Das Fest der Entschlafung der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria

15. August

Das Fest der Entschlafung der allheiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria - im griechischen Sprachraum Koimesis und im slavischen Uspenije genannt - ist eines der ältesten Kirchenfeste. Es wird am 28. August gefeiert. Die Heilige Schrift berichtet uns nichts über den Tod der allheiligen Gottesgebärerin. Aber es existiert eine kirchliche Überlieferung, die bis ins zweite Jahrhundert zurückreicht. Es ist uns nicht genau bekannt, wie lange die Allreine Jungfrau gelebt hat: die einen sagen 57 Jahre, andere 63, wieder andere nennen die Zahl 72; aber es ist klar, dass sie ein hohes Alter erreichte.

Nachdem der Herr in den Himmel aufgefahren war, lebte sie im Haus des heiligen Apostels Johannes des Theologen auf dem Berg Zion, im Südwesten von Jerusalem, wo sich die Burg von Jerusalem erhob. Von da ging sie oft auf den Ölberg, zum Ort der Himmelfahrt ihres Sohnes. Hier betete sie inständig in Abgeschiedenheit. Die Seele der Gottesmutter war immer von einem Wunsch erfüllt: endlich wieder das Antlitz ihres Sohnes zu schauen, in der Herrlichkeit des Himmels. Und eines Tages, während des Gebets erschien ihr der heilige Erzengel Gabriel, welcher der Gottesmutter schon seit den ersten Tagen ihrer Kindheit gedient und sie immer während ihres Lebens auf Erden beschützt hatte. Der Erzengel überbrachte der allheiligen Gottesgebärerin die schon lange von ihr ersehnte Kunde, dass sie in drei Tagen zu Christus, Gott, gehen werde. Der Erzengel sagte, sie solle mit Freude seine Worte annehmen, denn dies werde kein Tod sein, sondern der Übergang in ein Leben der Unsterblichkeit, zum ewigen König der Herrlichkeit.

Die ruhmreiche Gebieterin begann sich auf ihr Ende vorzubereiten. Zuerst berichtete sie alles dem von ihr, statt ihres Sohnes  angenommenen Lieblingsjunger Christi, Johannes. Dann erzählte die Gottesmutter auch allen übrigen von ihrem bevorstehenden Heimgang.

Vor ihrer Entschlafung wollte sie nochmals alle Apostel sehen, die in der ganzen Welt verstreut waren um dort das heilige Evangelium zu predigen. Der heilige Johannes der Theologe schickte sofort Boten zum heiligen Jakobus, dem Apostel und Bischof von Jerusalem, und auch zu allen Verwandten und Bekannten und benachrichtigte sie über den bevorstehenden Heimgang der Gottesmutter.

Der heilige Apostel Jakobus beeilte sich, davon alle Christen zu verständigen, die nicht nur in Jerusalem, sondern auch in der Umgebung und sogar in anderen Städten wohnten. So versammelte sich bei der Gottesmutter mit dem Bischof von Jerusalem eine Vielzahl von Menschen, Verwandten und gläubigen Christen.

Die allreine Gebieterin vermachte ihre Gewänder zwei armen Witwen, die ihr Zeit ihres Lebens gedient hatten, und bat, ihren Leib im Garten Getsemani zu begraben, am Fuße des Ölbergs, unweit von Jerusalem. Dort befanden sich das Grab Joachims und Annas, ihrer Eltern, und auch das Grab Josephs, mit dem sie verlobt gewesen war. Diese Gräber befanden sich am Rande des Tales Josafat, das zwischen Jerusalem und dem Ölberg lag. In diesem Tal wurden für gewöhnlich arme Bürger bestattet.

Während die Gottesmutter diese Anweisungen gab, vernahm man plötzlich ein Tosen, das an Donnergrollen erinnerte, und Wolken hüllten das Haus Johannes des Theologen ein. Gemäß Gottes Befehl ergriffen Engel die Apostel in den verschiedenen Ländern, wohin sie gegangen waren, um das Evangelium zu predigen. und brachten sie nach Jerusalem zum Haus der Gottesmutter. Die Apostel freuten sich, als sie einander sahen, waren aber unschlüssig, wozu sie der Herr versammelt hatte. Der heilige Johannes der Theologe erklärte ihnen, dass für die Gottesmutter die Zeit gekommen sei, zum Herrn zu gehen.

Am dritten Tag, in der dritten Stunde erfüllte ein göttliches Licht das Zimmer, in dem die allheilige Gottesgebärerin auf ihren Heimgang wartete. In diesem Licht kam der Herr Jesus Christus selbst mit einer Vielzahl von Engeln und Erzengeln herab.

„Dann habe Maria ihre Seele in die Hände des Sohnes übergeben, der die Seele seiner Mutter in den Himmel entrückte“, beschreibt der heilige Kirchenvater Johannes von Damaskus (675 – 749) in seiner Predigt zu Mariä Heimgang. Und später, “Maria sei in der Gegenwart aller Apostel gestorben, aber ihr Grab sei leer gewesen, als es auf Anfrage des hl. Thomas geöffnet wurde.”

Der heilige Apostel Thomas, der nicht am Begräbnis teilgenommen hatte, kam erst am dritten Tag nach der Entschlafung der Mutter Gottes nach Jerusalem. Er wollte die Verstorbene nochmals sehen und ließ deshalb das Grab öffnen, doch dieses war leer. In diesem Augenblick habe ein Engelchor zu singen begonnen und die Gottesmutter sei erschienen.

Eine andere Überlieferung berichtet, die allheilige Gottesgebärerin sei den Aposteln am dritten Tag in dem Moment erschienen, als sie beim Herrenmahl das Brot erhoben. Deshalb wird bei den Griechen während des Muttergotteshymnus in der Göttlichen Liturgie jeweils ein Opferbrot zu Ehren der Jungfrau geweiht.

Das Fest Maria Entschlafung wird am zweiten oder dritten Tag mit einer besonderen Prozession beendet. Sie wird “Begräbnis der Gottesgebärerin” genannt. Am Ende der Nachtwache, während der das Grabtuch mit der Darstellung der Gottesmutter in der Mitte der Kirche liegt, wird es in einer Prozession um die Kirche getragen und in den Altar gebracht. Dieser Ritus wird in Analogie zu der Prozession begangen, die in Jerusalem am Grab der Gottesmutter in Getsemani stattfindet. Die Farbe der liturgischen Gewänder ist Blau. Eine besondere Tradition dieses Festes ist ein üppiger Blumenschmuck. Wir bereiten uns auf das Fest des Heimganges der Allheiligen mit einem vierzehntägigen Fasten vor. Nur zur Feier des Festes der Verklärung des Herrn wird unsere Tafel durch Fischspeisen bereichert. An den Wochentagen vor dem Fest wird ein besonderer Fürbittgottesdienst zur allheiligen Gottesgebärerin, die kleine Paraklesis, vollzogen.

O HERRLICHER ABSCHIED, DEM DIE ANKUNFT BEI GOTT FOLGT.

Aus den Gesängen des Festes.

Der hochwürdige Chor der weisen Apostel wurde auf wunderbare Weise versammelt, um ruhmvoll Deinen allreinen Leib zu beerdigen, hochgepriesene Gottesgebärerin.
Auch die Scharen der Engel lobsangen mit ihnen, um Deinen Hinübergang voll Ehrfurcht zu verherrlichen, den wir im Glauben feiern.
Unbefleckt war bei der Empfängnis Deine Mutterschaft, Ohne Verwesung war der Zustand des Todes bei Deiner Entschlafung. Beide Wunder fließen in eins, O Gottesgebärerin.
Wie konnte diejenige, die keinen Mann erkannte, zur Nährerin eines Kindes werden und dabei jungfraulich bleiben?
Wie konnte die Mutter Gottes einer Toten gleich einbalsamiert werden? Deshalb rufen wir Dir mit dem Engel zu: «Gegrüßt seist Du, Gnadenreiche!»
David möge uns künden, was das für ein Fest ist. Diejenige, die er einst im Buch der Psalmen besungen als Tochter Gottes und Jungfrau, sie ist in die Wohnungen da oben emporgehoben worden durch Christus, der unbefleckt aus ihr Fleisch angenommen hatte. Deshalb freuen sich auch die Mütter mit den Töchtern und die Bräute Christi, indem sie rufen: «Gegrüßt seist Du, die Du hinübergegangen bist ins himmlische Reich!»

Zusammengestellt von Thomas Zmija-Horjanyj unter Verwendung eines Textes der deutschsprachigen orthodoxen Gemeinde der heiligen Kyrill und Method in Hamburg.


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