Aus dem Kirchenjahr

Die Große und Heilige Woche

Die Große und Heilige Woche vor Ostern

Großer Mittwoch

ist gewidmet, wie es im Synaxarion steht, dem Gedenken an die Sünderin, die bereute und die Füße des Herrn kurz vor Seinem Leiden mit wohlriechendem Öl salbte. Fast alle Hymnen dieses Tages beziehen sich auf diese Frau. Die bekannteste davon ist wohl das sog. Troparion der Kassiani, das auch durch seine erste Zeile bekannt ist,

„Herr, die Frau, die in viele Sünden gefallen ...“ und das als Doxastikon für die Aposticha im Orthros und die Stichera in der Vesper gesungen wird. Es scheint da einige Verwirrung über die Identität dieser Frau zu geben. Die Erzählungen der Evangelien von Matthäus, Markus und Johannes (Mt 26,6-16; Mk 14,3-11; Joh 12,1-8) reden von einer Maria, die die Schwester des Lazarus ist. Lukas aber bezieht sich auf eine ähnliche Salbung durch eine Sünderin, die zu einer anderen Gelegenheit vor Seinem Leiden (Lk 7,36-50) geschah. Es scheint, dass der Gegensatz zwischen der reuigen Sünderin und dem störrischen Eiferer Judas der Lehrabsicht der Kirche mehr dient, und darum gedenkt die Tradition dieser Salbung an diesem Tag. Das Thema der Salbung des Leibes Christi findet sich auch in der Feier des Sakraments der Heiligen Ölung, die an diesem Tag nach dem Apodeipnon (Komplet) für die seelische und leibliche Gesundung der Gläubigen stattfindet.

Großer Donnerstag

ist reich an festlichen Themen, denn er gedenkt gleich vier Geschehnissen, die sich ursprünglich alle am Abend dieses Tages ereigneten.

1. Die Fußwaschung, d.h. der Herr wusch die Füße Seiner Jünger.
2. Das Letzte Abendmahl, d.h. die Einsetzung des Sakraments der Heiligen Eucharistie durch den Herrn.
3. Das Gebet auf dem Ölberg, das der Herr in Todesangst vor Seiner Gefangennahme in Gethsemane betete.
4. Der Verrat des Judas (nicht sein Handel mit den Hohenpriestern, sondern die Ausführung seines Verrats).

In den ersten Jahrhunderten wurde die Göttlichen Liturgie an diesem Tag nach einem gewöhnlichen Abendessen in Erinnerung an das „Letzte Abendmahl im Raum im Obergeschoß“ gefeiert. Dieser Brauch wurde schließlich durch das Trullanum (ökum. Konzil von Konstantinopel im Jahre 692) durch den Kanon 29 verboten.

An diesem Tag wusch auch der byzantinische Kaiser in einer besonderen Zeremonie die Füße von zwölf armen Leuten im Gedenken an die Fußwaschung der Jünger durch den Herrn. Dieser Brauch ist noch in Patmos und Jerusalem und anderen Klöstern erhalten geblieben, wenn der Abt die Füße seiner Mönchsbrüder wäscht.

Schließlich wurde es in Konstantinopel üblich und wird bis heute in allen autokephalen Kirchen praktiziert, dass an diesem Tag von Zeit zu Zeit die besondere Zeremonie der Weihe des Heiligen Myron gefeiert wird, das im Sakrament der Myronsalbung gebraucht wird.

Am Abend des Großen Donnerstags wird nach der liturgischen Praxis der Orthros des Großen Freitags gesungen. Bei dieser Gelegenheit werden die „Zwölf Leidensevangelien“ feierlich vorgetragen, die die Geschehnisseaus dem irdischen Leben unseres Herrn vom Ende des Abendmahls bis zum Zeitpunkt des Begräbnisses und der Versiegelung des Grabes wiedergeben.

Nach dem fünften Evangelium verkündet der Priester die Kreuzigung, indem er die Verse „Heute hängt am Kreuz ...“ intoniert und eine Prozession mit dem Kreuz vom Altar zur Mitte des Kirchenschiffs führt.

Der Priester stellt das Kreuz vor die Schönen Türen und die Gläubigen kommen und verehren es.

Großer Freitag

ist ohne Frage der heiligste und verehrungswürdigste Tag der Großen und Heiligen Woche, denn er gedenkt des erlösenden Leidens unseres Herrn und Retters Jesus Christus. Am Morgen des Großen Freitags werden die Großen Stunden gesungen, wo Lesungen aus den messianischen Psalmen, den Propheten, den Apostelbriefen und den Evangelien vorgetragen werden, wie auch Perikopen eines jeden Evangelisten, welche sich auf die Passion des Herrn beziehen. Durch diese Lesungen und die Hymnen dazwischen wird das ganze Erlösungswerk des Herrn beredt vergegenwärtigt und die Christen angeregt über die tiefe Bedeutung nachzudenken.

In der Vesper, die sofort nach den ‚Großen Stunden’, etwa zur Mittagszeit, gesungen wird, überlebt noch ein anderer Brauch. Es die Darstellung der feierlichen Abnahme des Leibes des Herrn vom Kreuz durch den Hl. Josef von Arimathea. Die Kreuzabnahme findet statt kurz vor dem Ende der Lesung aus dem Evangelium für die Vesper. Der Priester nimmt die Darstellung des Leibes Christi vom Kreuz ab, wickelt sie in weißes Tuch und trägt sie in den Altarraum, wo er sie auf den Altar legt. Am Schluss der Vesper wird eine mit Goldfäden ausgeführte Stickerei, die den toten Leib des Herrn darstellt, griechisch genannt Epitaphios, slawisch Plaschzenitza, in feierlicher Prozession durch den Priester aus dem Altarraum in die Mitte der Kirche getragen und auf einen Traghimmel gelegt, der das Heilige Grab darstellt und mit Blumen geschmückt ist.

Dies erinnert an das Begräbnis des Leibes Christi, das für die Sünden der Welt stattgefunden hat. Dadurch werden die Christen an die Tatsache erinnert, dass sie mit Christus begraben wurden, dass sie aber auch mit Ihm auferstehen können zum ewigen Leben in Herrlichkeit.

Am Abend wird der Orthros gesungen, der des Begräbnisses des Leibes des Herrn gedenkt. Mitten in ihm erklingen die „Klagelieder“, die vielleicht bekanntesten und rührendsten Gesänge der Orthodoxie, die vor dem Heiligen Grab gesungen werden. Später, während die letzten Verse der Großen Doxologie ertönen, zieht in feierlicher Prozession alles Volk hinter dem Epitaphios um die Kirche.

Schon in diesem Gottesdienst beginnt die Freude der Auferstehung durchzuschimmern, da die vielen Hymnen des Großen Samstags Auferstehungscharakter besitzen. Das ist besonders der Fall in der prophetischen Lesung am Ende des Gottesdienstes, die vom Geschenk der Auferstehung spricht (Ez 37,1-14).

Großer Samstag

Der Große Samstag gedenkt sowohl des Begräbnisses des Leibes Christi als auch Seines Abstiegs in die Unterwelt (den Hades), wobei der Tod zerstört wurde (die Erste Auferstehung). Die Feier von Vesper und Liturgie Baseilios des Großen am Morgen des Großen Samstags ist geprägt von der freudigen Feierlichkeit der Auferstehung. Der Psalm 81,8 „Steh auf, Gott, richte die Erde! Denn Du erbst aus allen Völkern“ ertönt als ein Ruf der Auferstehung in dieser Feier, wenn die Priester (in der griechischen Kirche) dabei als Siegeszeichen Lorbeerblätter im Kirchenschiff über die Gläubigen werfen.

So endet die Große Woche und die Feier des Kreuzespas’cha, damit das Auferstehungspas’cha beginnen kann.

Das Kreuzespas’cha und das Auferstehungspas’cha sind nicht zwei, sondern eines, als das eine nicht ohne das andere bestehen kann. Beide zusammen bilden das christliche Pas’cha, da der Herr gekreuzigt wurde für die Sünden der Welt und wieder auferstand für die Rechtfertigung der Menschheit.

Quelle: (http://www.orthodoxfrat.de) Der Artikel wurde ursprünglich aus dem Englischen von G. Wolf übersetzt.


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