Unser Glaube

Die Christenverfolgung wird in Ägypten seit Jahrzehnten staatlich geduldet

Von Thomas Zmija- Horjanyj

In Ägypten kommt es in letzter Zeit zu vermehrten Auseinandersetzungen zwischen radikalen Moslems und Angehörigen der koptisch-christlichen Minderheit. Auslöser war ein feiger Anschlag auf die Besucher der koptisch-orthodoxen Weihnachtsmesse mit acht Toten. Das Attentat zeigt einmal mehr die große Intoleranz, die Angehörigen anderer Religionen in islamischen Staaten entgegenschlägt. Dabei handelt es sich um keinen Einzelfall, sondern im Fall der Kopten in Ägypten um einen schon jahrzehntelange Geschichte der Unterdrückung.

Die Kopten sind die indigene christliche Bevölkerung Ägyptens. Bereits im 1. Jahrhundert wurde ihre Kirche vom Evangelisten und Apostel Markus gegründet, als dieser in Ägypten missionierte und das Christentum verbreitete. Er gilt somit als Gründer und erster Papst der koptisch-orthodoxen Kirche In der römischen, byzantinischen, und frühislamischen Zeit wurde die Bezeichnung „Kopte“ noch ohne Religionszugehörigkeit gebraucht und galt für alle Einwohner Ägyptens – die Nachkommen der alten Ägypter. Erst durch die arabische Eroberung und die parallel einhergegangene Islamisierung des Landes im 7. Jahrhundert wird der Name nur noch für die Christen der koptischen Kirche verwendet.

Während vor dem Siegeszug des Islam Christen die dominierende Religion waren, änderte sich dies im Laufe der Geschichte bedeutend. Bereits im Jahre 706 wurde die koptische Sprache durch die arabische Sprache ersetzt. Heute ist Ägypten der Verfassung nach ein islamischer Staat mit dem Islam als Staatsreligion und einer teilweise auf der Scharia basierenden Rechtsprechung. Zwar sind Kopten verfassungsmäßig gleichberechtigte Bürger der Arabischen Republik Ägypten, in der Realität erfahren sie aber oftmals das Schicksal einer religiösen Minderheit.

Den Kopten wird nur selten der Zugang zu höheren Staatsämtern gewährt, obwohl sie in der freien Wirtschaft und in selbständigen Berufen als besonders erfolgreich gelten. Rund 25 Prozent von ihnen üben hohe gesellschaftliche Positionen als Ärzte, Rechtsanwälte oder Apotheker aus. 1961 besaßen Kopten rund 75 Prozent des Transportgewerbes, 51 Prozent der Banken, 44 Prozent der Industrie und 34 Prozent der Landwirtschaften. Das schürte den Neid der muslimischen Mehrheitsbevölkerung, die Diskriminierung aufgrund einer Stillhalte-Politik der ägyptischen Regierung offen ausleben können. Anstatt das verfassungsmäßig gewährte Recht auf Religionsfreiheit durchzusetzen und für ein tolerantes Klima zwischen den religiösen Gruppen einzutreten, beugt sich die Politik dem Druck radikaler Muslime, insbesondere der anwachsenden Muslimbruderschaft und Ausläufern des Terrornetzwerkes Al-Qaida.

Seit den Achtziger Jahren mehrt sich die Gewalt gegen die christliche Minderheit dramatisch. Koptische Frauen und Mädchen werden entführt und zwangsislamisiert. Im Jahr 2000 wurden bei einem der bisher schwersten Anschläge auf Kopten im südägyptischen Dorf El-Kosheh 21 Menschen getötet und 65 Geschäfte und Wohnungen verwüstet. In der 2003 geführten Berufungsverhandlung zu diesem Massaker wurden von 95 beschuldigten Islamisten 93 freigesprochen. Vergeblich hatten die Kopten nach dem Scheitern des ersten Gerichtsverfahrens auf Gerechtigkeit gehofft. Durch schlampige Ermittlungen der Polizei und parteiische Justizbeamte blieb der Großteil der Täter straflos.

Probleme gibt es nicht nur bei der Errichtung und Renovierung von Kirchen. Während eines Überfalls auf das aus dem 4. Jahrhundert stammende Abu-Fana-Kloster im oberägyptischen Ort El-Minya, eines der ältesten Klöster weltweit, wurden drei Mönche von mindestens 60 bewaffneten Muslimen entführt und gefoltert. Sie wurden gezwungen, ihrer Religion abzuschwören und das Kreuz zu bespucken. Als sie sich dazu weigerten, wurden sie auf Bäumen aufgehängt und geschlagen.

Unzählige weitere gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Kopten erzeugen ein gefährliches Klima des Hasses. Auch der jüngste Anschlag auf koptisch-orthodoxe Christen nach einer Weihnachtsliturgie in der Kirche von Nag Hammadi, 130 Kilometer nördlich der bekannten ägyptischen Touristenmetropole Luxor, ist ein weiterer trauriger Eskalationsschritt im religiös motivierten Feldzug gegen die älteste christliche Glaubensgemeinschaft. In den letzten Jahrzehnten verließen deshalb 1.5 Millionen Kopten ihr Heimatland. Die christliche Minderheit wird inzwischen auf nicht einmal mehr 10 Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt.

Durch die gesamte Geschichte hindurch bis heute kam und kommt es immer wieder zu Christenverfolgungen in Ägypten. Diese Unterdrückungen zu ertragen bedeutet für die koptische Gemeinde „das Kreuz Christi zu tragen“. Sie nennen sich aus diesem Grund die „Kirche der Märtyrer“.

Viele islamische Gelehrte fordern Toleranz und Gleichberechtigung für Muslime in den Ländern, in denen sie eine Minderheit darstellen. Die ist in der der freiheitlich- demokratischen Rechtsordnung unseres Landes auch eine Selbstverständlichkeit. Wo aber der Islam die Mehrheitsreligion darstellt, werden universelle Standards, wie z. B. die Religionsfreiheit, oft bis zu Unkenntlichkeit gebeugt. In Ägypten sind die Kopten Bürger zweiter Klasse. Im Irak ist eine hasserfüllte Christenverfolgung in Gang, die sich das Verschwinden dieses zweitausendjährigen Zweiges der Christenheit zum erklärten Ziel gesetzt hat.

Momentan fürchten die Kopten, bei einem Machtwechsel in Ägypten unter die Herrschaft eines islamistischen Systems zu geraten. Insofern erscheint ihnen das Regime Mubarak erträglicher zu sein, als eine ungewisse Zukunft unter der Herrschaft der Muslimbrüder.

Die aktuelle Lage der Kopten ist äußerst gefährdet. Das ägyptische Regime hat viele Kriminelle aus den Gefängnissen entlassen. Diese ziehen momentan brandschatzend und plündernd durch die Wohnviertel. Die Polizei ist von der Bildfläche verschwunden und die Armee greift nicht ein. Wo die Kopten in eigenen Vierteln leben, konnten sie deren Verteidigung und Kontrolle selbst organisieren. Außerhalb der christlichen Viertel sind christliche Familien und ihr Besitz aber völlig ungeschützt. Das Problem der marodierenden Banden trifft im Augenblick christliche und muslimische Ägypter gleichermaßen.

Was können wir als orthodoxe Christen in Europa nun tun? Zu unseren altkirchlichen Traditionen gehört es, für unsere verfolgten Brüder und Schwestern zu beten. Dieses Gebet kann z. B. auch durch unser Fasten begleitet und unterstützt werden. Wenn wir in unserer Nachbarschaft Christen aus Verfolgungssituationen wie in Ägypten und dem Irak kennen, können wir sie wissen lassen, dass wir um ihre Nöte wissen, mit ihnen fühlen und für sie beten. Oft fühlen sie sich in ihren Ängsten und Sorgen gerade unter ihren Mitchristen in Deutschland sehr allein gelassen. Nehmen wir also an ihrer Not Anteil. Als Bürger können wir auch unsere Abgeordneten im Bundestag und den Länderparlamenten immer wieder ansprechen, was sie politisch gegen Diskriminierung von Christen in der Türkei, in Nahen Osten und sonst wo in der Welt zu unternehmen gedenken. Schließlich wollen ja alle unsere Politiker wiedergewählt werden.

Gebete aus dem orthodoxen Gebetbuch für unsere verfolgten Brüder und Schwestern

Troparien: Der Du den Manasse von den Ketten und aus der Verbannung um der Gebete willen befreit hast, o allbarmherziger Gott, auch Deine Diener, die jetzt durch uns beten, befreie aus den Ketten der Not und rette sie aus aller schlimmen Bedrängnis, als einzig Menschenliebender.

Komme eilends zuvor, ehe denn wir geknechtet werden durch die Feinde, welche Dich lästern und uns bedrohen, o Christus, unser Gott; vertilge mit Deinem Kreuze, die gegen uns kämpfen. Sie mögen erfahren, von welcher Kraft der Glaube der Rechtgläubigen ist durch die Fürbitten der Gottesgebärerin, einzig Menschenliebender.

Der Du für die, welche Dich kreuzigten, gebetet hast, o liebseliger Herr, und Deinen Knechten für die Feinde zu beten befohlen hast, vergib denen, welche uns beleidigen und verfolgen, und von aller Schlechtigkeit und Bosheit führe sie zu einem bruderliebenden und tugendhaften Lebenswandel, mit demütigem Flehen bitten wir Dich: damit wir in einmütiger Eintracht Dich loben, den allein Menschenliebenden.

Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste:

Kondakion: Wie einst Dein erster Märtyrer Stephanus für die, welche ihn töteten, zu Dir betete, o Herr, so beten auch wir, vor Dir niederfallend, verzeihe allen denen, die uns hassen und verfolgen, damit nicht ein einziger von ihnen unseretwegen umkomme, sondern alle erlöst werden durch Deine Gnade, o allbarmherziger Gott.

Jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Theotokion: Nie zu Schanden gewordener Beistand des Christengeschlechts, Du ganz unwandelbare Mittlerin beim Schöpfer, übersieh´ nicht der Sünder dringliches Gebet, vielmehr komme als Gute zuvor, uns immer hilfreich beizustehen, die wir gläubig zu Dir rufen: eile für uns zu flehen, komm schnell für uns einzustehen, die stets Beistand derer bist, die Dich, o Gottesgebärerin, ehren.

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