Zur Familie der Orthodoxen Kirche in Deutschland gehören derzeit neun Bistümer, die ihren Sitz entweder in der Bundesrepublik Deutschland selbst haben oder wenigstens mit einigen Gemeinden dort vertreten sind. Gemeinsam repräsentieren sie die Gesamtheit der orthodoxen Christen in diesem Lande.
Ihre Existenz ist nicht die Folge einer einheitlichen Planung, sondern das Ergebnis eines mehrhundertjährigen dynamischen Prozesses der Zuwanderung und Ansiedlung von Orthodoxen in Deutschland, auf Grund dessen die Orthodoxie heute mit gut 1,2 Millionen Gläubigen die drittstärkste christliche Konfession des Landes ist.
Erste Kontakte zwischen den Christen Deutschlands und der Orthodoxie ergaben sich schon am Ende des Mittelalters, allerdings sehr sporadisch, vor allem, wenn Gesandtschaften aus orthodoxen Ländern, zumeist aus Russland, deutschen Reichstagen beiwohnten und dort auch ihre Gottesdienste feierten. Vereinzelt kamen auch Geistliche aus dem Orient, die Unterstützung für ihre Gemeinden und Klöster unter osmanischer Herrschaft erbaten.
Erste orthodoxe Gemeindebildungen gehören erst dem ausgehenden 17. bzw. dem 18. Jahrhundert an und tragen zumeist noch einen temporären Charakter. Selbst noch im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert trägt die Mehrzahl der orthodoxen Gottesdienststätten in Deutschland einen eher temporären Charakter, auch wenn inzwischen an die Stelle der provisorischen Einrichtungen teils architektonisch sehr gelungene Bauten getreten sind. Oft wurden hier nur während der Sommermonate oder zu besonderen Gedenktagen Gottesdienste gefeiert. Allerdings gab es schon Ende des 19. Jahrhunderts Pläne zur Errichtung repräsentativer Kirchen in einigen Großstädten, wie sie dann z. B. in Dresden verwirklicht wurden.
Hatte der Ausbruch des I. Weltkrieges das orthodoxe Leben kurzfristig fast zum Erliegen gebracht, so bedeutete sein Ende, vor allem die bolschewistische Machtübernahme in Russland, dass binnen kurzer Zeit zahlreiche Flüchtlinge aus dem ehemaligen Russischen Reich nach Deutschland strömten. Zu Beginn der 20er Jahre lebten zeitweilig mehr als 1,2 Millionen Flüchtlinge russischer Staatsangehörigkeit in Deutschland.
Wenn auch die meisten von ihnen bald in andere Länder abwanderten, blieben doch genug, um einige neue orthodoxe Gemeinden zu gründen und die alten Kirchen mit einem bis dahin ungekannten Leben zu erfüllen. Der russischen Emigration ist auch die Gründung des ersten orthodoxen Bistums in Deutschland zu verdanken, das 1927 unter der „Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland" entstand, der aber selbst in Deutschland nur einen Teil der Emigranten unterstand.
Allerdings erfreute sich seit 1933 die russische Auslandskirche eines besonderen Wohlwollens der Reichsregierung, die ihrer deutschen Diözese 1936 als erster orthodoxer Einrichtung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes verlieh und durch ein Gesetz aus dem Jahre 1938 den russischen Kirchenbesitz in Deutschland übertrug.
Dadurch waren die Mehrzahl der russischen Gemeinden in Deutschland, die dem Ökumenischen Patriarchat unterstanden, seit sich 1931 Metropolit Evlogij (Georgievskij) und das von ihm geleitete Erzbistum der russischen orthodoxen Gemeinden in Westeuropa dem Ökumenischen Patriarchen unterstellt hatte, gezwungen, sich der Auslandskirche anzuschließen.
Zahlreiche sogenannte "Ostarbeiter" aus der Ukraine, Weißrussland und Russland und die aus den deutschen Lagern befreiten Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenen und Häftlinge ließen die Zahl der orthodoxen Christen in den alliierten Besatzungszonen gegen Kriegsende und kurz danach erneut sprunghaft ansteigen. Auch jetzt versuchten zwar die meisten dieser "displaced people", so rasch als möglich Deutschland zu verlassen und nach Möglichkeit in die USA einzuwandern, aber es blieb doch eine genügend große Zahl in diesem Land, nunmehr nicht nur aus den Gebieten der UdSSR, sondern auch aus Jugoslawien, Rumänien und Bulgarien, so dass nun rasch vor allem serbische Gemeinden an verschiedenen Orten entstanden, so zuerst in München, dann bis 1969 noch in Hannover, Düsseldorf und Osnabrück.
Das Moskauer Patriarchat konnte auf Grund der geänderten politischen Verhältnisse 1945 ein Bistum von Berlin und Mitteleuropa errichten, das zuerst das Territorium ganz Deutschlands umfasste. Eine erste Gemeinde konnte 1958 gegründet werden.
Zu Beginn der 60er Jahre hatte sich das orthodoxe Gemeindeleben in Deutschland einerseits konsolidiert, andererseits trat ein gewisser Schwund der Gläubigen durch Überalterung und Abwanderung der Emigranten ein.
Doch begann Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts ein neues Kapitel der Migration orthodoxer Christen nach Deutschland. Denn ab jetzt erfolgte eine neue Zuwanderungswelle durch die als sogenannte "Gastarbeiter" nach Deutschland kommenden ausländischen Arbeitnehmer aus Griechenland und dann wenig später auch aus Jugoslawien. Während man in diesem Zusammenhang zunächst an eine zeitlich begrenzte Anwesenheit von Arbeitskräften dachte, erwies sich die Anwerbung einer so großen Anzahl von Arbeitnehmern orthodoxen Glaubens als die Grundlegung einer bleibenden Orthodoxen Kirche in Deutschland.
Insbesondere die bislang wenig zahlreichen griechischen orthodoxen Gemeinden nahmen binnen weniger Jahre so zu, dass das Ökumenische Patriarchat seine bislang für ganz West- und Mitteleuropa zuständige Erzdiözese von Thyateira mit Sitz in London auf mehrere Metropolien aufteilte. So wurde 1963 auch die Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland / Exarchat von Zentraleuropa (zunächst: Exarchat von Dänemark und Holland) gegründet, die sich bald zum größten und bestorganisiertesten orthodoxen Bistum des Landes entwickelte, was sie mit 58 Kirchengemeinden und über 150 Gottesdienststätten sowie knapp einer halbem Million Mitgliedern insbesondere griechischer, aber auch rumänischer Herkunft bis heute geblieben ist. 1974 wurde sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts zunächst in Nordrhein-Westfalen, später in allen alten Bundesländern anerkannt.
Auch die bis dahin fast ausschließlich aus Emigranten bzw. "Displaced People" des II. Weltkrieges bestehenden serbischen Gemeinden nahmen in Folge der Gastarbeiterzuwanderung aus Jugoslawien zahlenmäßig rasch zu: Am 12. März 1969 wurde eine eigene Diözese für Westeuropa gegründet, die zuerst ihren Sitz in London hatte. Ab Frühjahr 1972 begann eine verstärkte missionarische Seelsorgearbeit unter den in Deutschland lebenden serbischen Gastarbeitern. Aus diesem Grunde wurde der Bischofssitz zuerst nach Düsseldorf, dann 1979 nach Hildesheim bei Hannover verlegt, von wo er im August 2000 nach München transferiert werden soll.
Teils ebenfalls als Gastarbeiter, teils aber auch als Asylanten aus der Türkei und Flüchtlinge vor dem Bürgerkrieg im Libanon kamen wenig später die meisten der derzeit gut 10.000 arabischsprachigen Gläubigen des Patriarchats von Antiochien nach Deutschland.
Seit dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime in Osteuropa durchläuft auch die Orthodoxe Kirche in Deutschland eine noch keineswegs abgeschlossene Entwicklung, die man wohl ohne Übertreibung als umbruchartig kennzeichnen kann - einmal im Hinblick auf die bedeutende Zunahme der Anzahl orthodoxer Christen in diesem Lande, vor allem aber wegen deren immer tieferen Verwurzelung in Deutschland: Während die vorstehend beschriebenen ersten großen Wellen orthodoxer Zuwanderung nach Deutschland aus Personen bestanden, die gewillt waren, dieses Land so rasch als nur möglich wieder zu verlassen und sich ihren Aufenthalt hier nur als zeitweilige Gäste vorstellen wollten und konnten, kommen nun immer mehr orthodoxe Christen nach Deutschland, die hier eine neue Heimat suchen und finden - anders als die Emigranten, die nach der bolschewistischen Machtergreifung im Russischen Reiche 1917 bzw. auf Grund des nachfolgenden Bürgerkrieges in Deutschland Zuflucht fanden, oder die "displaced people", die am Ende des II. Weltkrieges aus Osteuropa und vom Balkan in dieses Land verschlagen worden waren, anders auch als die griechischen und dann die serbischen Arbeitnehmer, deren Bezeichnung als "Gastarbeiter" zwar nie unproblematisch war, aber doch erkennen lässt, dass weder sie selbst noch ihre deutschen "Gast-", richtiger Arbeitgeber an einen langfristigen Aufenthalt gedacht haben.
Zwar ist in vielen dieser Fällen - wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen! - oft aus dem geplanten kurzen "Gastaufenthalt" ein langfristiger Wohnsitz geworden, hat eine Reihe dieser Menschen in Deutschland de facto, sogar gegen ihre eigene ursprüngliche Intention eine neue Heimstatt gefunden, aber nichtsdestoweniger blieben ihre psychologischen Bindungen an die alte Heimat dominierend, was sich nicht zuletzt auch in ihren Erwartungen an die Kirchengemeinden ausdrückte und teils noch immer ausdrückt: Diese sichern einen wesentlichen Teil ihrer nationalen und ethnischen Identität, stellen gleichsam heimische Inseln in der deutschen Alltagswelt dar, in die diese Menschen ansonsten mehr und mehr integriert wurden.
Für viele der in den letzten Jahren neu aus Ost- und auch aus Südosteuropa nach Deutschland gekommenen Menschen stellt sich jedoch die Situation anders dar: Sie sind - mit Ausnahme der Flüchtlinge vor dem postjugoslawischen Bürgerkrieg - nicht einer unerträglichen politischen Verfolgungssituation entkommen, sondern haben sich, teils unter Benutzung ihrer deutschstämmigen oder jüdischen Wurzeln, bewusst nach Deutschland begeben, um hier unter besseren Lebensbedingungen eine neue Heimat zu finden, in die sie sich auch weitgehend integrieren wollen, ohne deswegen allerdings ihre Herkunft und ihre heimischen Traditionen zu vergessen und ihre religiöse Bindung, ihren orthodoxen Glauben zu verleugnen.
Dies veranlasste in den letzten Jahren die Gründung zweier neuer orthodoxer Bistümer, die ihre Gemeinden in Deutschland betreuen: einmal der Rumänischen Metropolie für Deutschland und Zentraleuropa, sodann der Bulgarischen Diözese von West- und Mitteleuropa. Erstere wurde aus dem 1949 gegründeten und 1974 zum Erzbistum erhobenen Bistum für die in West- und Zentraleuropa lebenden Rumänen ausgegliedert und 1993 als Metropolie mit Gemeinden in Deutschland, Österreich, Luxemburg, Dänemark, Schweden und Norwegen organisiert. Die Bulgarische Diözese existierte schon länger, allerdings mit Sitz in Budapest, der jedoch 1994 nach Berlin verlegt wurde. Auch sie umfasst außer den Gemeinden in Deutschland jene in Ungarn, Österreich, Belgien, Frankreich, England, Schweden und Norwegen.
Seit ihrer Unterstellung unter das Ökumenische Patriarchat und deren Bestätigung durch den Ökumenischen Patriarchen am 12.März 1995 gehört auch die Ukrainische Orthodoxe Kirche im Ausland zur Familie der kanonischen orthodoxen Bistümer. Auch die russische Auslandskirche gehört seit der Wiederherstellung kanonischer Beziehungen zur ihrer russischen Mutterkirche im Jahre 2007 zu dieser Kirchenfamilie.
Heute ist dadurch die Bundesrepublik Deutschland - abgesehen von den traditionellen Heimatländern in Osteuropa und auf dem Balkan - das europäische Land mit der größten Zahl orthodoxer Christen. Damit ist die Orthodoxe Kirche nicht nur - wenn auch mit markantem Abstand zu den beiden traditionellen Konfessionen des Landes - die drittgrößte christliche Kirche. Von daher kommt der Festigung der Orthodoxie auf deutschem Boden für die Gesamtorthodoxie eine eminente zukunftsweisende Bedeutung zu, zumal - wie schon gesagt - die derzeitige Präsenz der orthodoxen Christen in Deutschland nach aller Wahrscheinlichkeit keine kurzfristige, vorübergehende Erscheinung ist, sondern auf Dauer angelegt sein dürfte.
Aus diesem Grunde bemühte sich die Orthodoxe Kirche in Deutschland auch um die Einrichtung des orthodoxen Religionsunterrichtes als ordentlichem Lehrfach an staatlichen Schulen. Dies konnte bislang in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen sowie für Bayern im Raum München realisiert werden. Ebenso gilt das Engagement der Präsenz orthodoxer Theologie im akademischen Bereich: Seit 1979 gibt es an der Universität Münster einen Lehrstuhl für orthodoxe Theologie und seit 1984 einen solchen in München, der inzwischen zu einer Ausbildungseinrichtung mit derzeit vier Lehrstühlen ausgebaut werden konnte.
Aus der Überlegung heraus, dass die verschiedenen national strukturierten orthodoxen Bistümer in Deutschland Glieder der einen Orthodoxen Kirche sind und somit entsprechende organische Strukturen finden sollen, wurde nach entsprechender Vorbereitung am 1. Mai 1994 ein Organ geschaffen, das die orthodoxen Bistümer, die untereinander in kanonischer Gemeinschaft stehen, zusammenführt und - unbeschadet ihrer weiterbestehenden Bindung an die jeweiligen autokephalen Mutterkirchen - zu intensiverem gemeinsamen Handeln befähigt: die Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland (KOKiD). Nach den Vorgaben der IV. Präkonziliaren Panorthodoxen Konferenz, die im Juni 2009 in Chambesy getagt hatte, wurde dann am 27 Februar 2010 in der Rumänischen Metropolie in Nürnberg durch die orthodoxen Bischöfe für Deutschland die „Orthodoxe Bischofskonferenz in Deutschland“ konstituiert. Sie ist nun das Zentralorgan der Orthodoxen Kirche in Deutschland, mit dem diese mit einer Stimme spricht.